Eine Sendung mit Armin Himmelrath, Studiogäste waren Dr. Catarina Katzer, Psychologin, Betreiberin der Seite "
Chatgewalt" und Dirk Heinrichs, Geschäftsführer des Vereins "
Sprache gegen Gewalt".
Zunächst sei erwähnt, dass der internationale Begriff für Mobbing "Bullying" ist. Mobbing ist der deutsche Begriff, so wie wir das Handy auch nicht Mobile nennen. So ist der internationale Begriff für Mobben im Netz "Cyber-Bullying"
Zur Definition des Begriffs: Cyber-Bulling sind Beleidigungen, Gerüchte in die Welt setzen, ein Ausschließen anderer aus Gruppen, sich für andere ausgeben und Profile faken, mit falschen Angaben und peinlichen Situationen.
In einer Umfrage von Frau Dr. Katzer an Schulen wurden folgende Fragen gestellt:
"Wurdestst Du in den letzten zwei Monaten per Email oder ähnliches gemobt?"
30% antorteten mit ja.
"Hast Du selber in den letzten zwei Monaten andere per Email oder Ähnlichem gemobbt?"
50% antworteten mit ja.
Das bedeutet, dass Opfer auch gleichzeitig Täter sein können. Oder Opfer werden zu Tätern. Einen Unterschied der Geschlechter soll es weniger geben, wobei die Jungs eher andere ausschließen, z.B. bei Onlinespielen wie" World of Warcraft".
Es scheint ein wichtiges Problem an Schulen zu sein und sei nicht auf eine Altersgruppe beschränkt, auch bei älteren Schülern der Oberstufe trete es auf. Die Hauptgruppe seien aber die 14 - 16 Jährigen. Was würden Schüler tun, wenn sie online gemobbt würden? Es wurden weniger ideale Lösungswege genannt wie "Ignorieren und PC abschalten", aber man könne durchaus bei Schüler-VZ Mobber melden und diese würden dann 'rausgeschmissen. Wichtig sei es, Jugendliche schon als Kinder in ihrer Medienkompetenz zu fördern, damit sie wissen, was sie tun können. Ein einfaches "Wie funktioniert das Internet" reiche nicht aus. Schulen thematisieren dieses Problem leider wenig.
Gerade bei Schüler-VZ geben Jugendliche so bereitwillig Auskunft über ihr Privatleben, dass es geradezu dazu einlade, diese Daten zu mißbrauchen. "Wann treffen wir uns?" "Wo wollen wir nachher noch hin?" Für viele sei es normal persönliche Sachverhalte im Netz zu diskutieren. Wichtig sei es, möglichst wenige Belange des Privatlebens öffentlich/online preiszugeben, dann biete man keine Angriffsfläche.
Woher kommt diese Lust am Quälen? Täter im Netz sind meist auch Täter in der Realität. Sie führen ihre Taten nur online fort. Anonymität und schnelle Verbreitung machen es einfacher jemanden zu mobben. 20% treten dabei nur als Mobber im Netz auf und seien in der Realität angepasst. Aber durch die Anonymität fielen die Hemmschwellen. Außerdem würde fehlendes Selbstbewußtsein auf eine Höhe gebracht werden, die er/sie sonst nicht habe.
Des weiteren sei Mobbing teilweise eine Art Spaß. Wer macht den schlimmsten Spruch, wer dreht das schlimmste Filmchen? Es wird die Frage gestellt, ob hier der Wunsch nach Aufmerksamkeit eine Rolle spielt und das Sprichwort "Täter suchen Opfer keine Gegener" genannt.
Viele Täter seien vorher auch Opfer gewesen oder seien es noch und nutzen das Internet, um sich auf eine Art zu wehren. Viele Schul-Mobbing-Opfer gehen ins Netz und Mobben dort zurück. Nach dem Motto "Jetzt zeige ich es Euch!" rächen sie sich dort.
Asoziales Verhalten gerade nach Sendungen von Schmidt, Pocher, Bohlen oder Raab, die öffentlich mobben und dafür auch noch Geld und Anerkennung ernten, prägten das Verhalten der Schüler. Montags, wenn am Wochenende Herr Bohlen zu sehen war, herrsche an Schulen ein anderer Umgangston.
Beleigigungen und Beschimpfungen seien aber auch eine neue Umgangsform geworden. So sei es für viele Normal sich mit "Hey Bitch!" oder "Na Du Schlampe!" zu begrüßen. Profilnamen wie "Süße14", "CutieKiss" oder SexyHexy" seien sexuell geprägt und gerade Mädchen würden gar nicht wissen, was sie damit zum Teil provozieren können. Der Nick habe für die Mädchen gar nicht offensichtlich mit Sex zu tun, sondern es gehöre einfach dazu, sich so zu nennen.
Cyber-Bulling ist nicht auf eine bestimmte Schulform beschränkt, aber an Berufsschulen scheint der Anteil höher zu sein. "Hauptschulen seien ungerne bereit Untersuchen zuzulassen", so Frau Dr. Katzer. Herr Heinrich äußerte seine Beobachtung, dass an Hauptschulen Konflikte eher schnell und zeitnah umgesetzt würden, also die körperlicher Gewalt im Vordergrund stünde. An Gymnasien dagegen eher das über das Netz gehendes Mobben vorkäme. Mobbing habe etwas mit perfider Planung zu tun, man verfolge Strategien, es würden Kampagnen gegen andere gestartet. Das liege eher den Gymnasiasten.
Es würden an Schulen auch häufiger die Opfer aus den Klassen genommen als die Täter. Es herrsche eine Hilflosigkeit unter den Lehrern und das Problem werde teilweise auch nicht erkannt. Lehrer seien für diese neue Form der Gewalt nicht ausgebildet und hätten auch kein Problembewußtsein.
Mein Fazit oder offene Fragen:
1. Bei kleinen Kindern schon die richtigen Werte vermitteln, das heißt als Eltern Vorbild sein. Was leben wir vor? Wie gehen wir selbst mit anderen um? Wie reden wir miteinander?
2. Medienkompetenz der Kinder und Jugendlichen stärken. Wer ist dafür verantwortlich? Eltern, Lehrer, Erzieher?
3. Schüler suchen eher Hilfe im Netz, als sich an Eltern oder Lehrer zu wenden, da diese das Problem nicht erkennen. Wohin wendet sich ein Opfer?
4. Wie lasse ich meine Aggressionen heraus, ohne andere zu verletzen?
In dieser informativen Sendung wurden keine Rezepte, aber Anregungen und Denkanstöße gegeben.
Wer Interesse hat, sich die Sendung anzuhören, kann das
hier tun. Die Sendung wurde aufgezeichnet.